Die Sucht zur Sucht
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						DIe Sucht  zur Sucht
Die Sucht zur Sucht" beschreibt
						einen Zustand, bei dem eine Person nach der Überwindung einer ursprünglichen
						Abhängigkeit eine neue, andere Sucht entwickelt. Dies kann eine Suchtverlagerung sein, bei der das
						Suchtmittel oder das Suchtverhalten gewechselt wird, oft weil die
						zugrundeliegenden Probleme und Bewältigungsstrategien nicht angegangen
						wurden. Der Übergang von einer Sucht zur anderen ist ein komplexer
						Prozess, der sowohl psychische als auch soziale Aspekte hat und oft eine
						professionelle Entwöhnungstherapie erfordert, um nicht in eine erneute
						Abhängigkeit zu geraten. 
						
						Wie es dazu kommen kann
						
						- Unzureichende Bewältigungsstrategien:
Wenn die tieferliegenden Ursachen der Sucht (z.B. Stress,
						psychische Probleme) nicht durch eine Therapie bearbeitet werden, können
						Betroffene in ein neues Suchtverhalten flüchten. 
						
						- Suchtverlagerung:
Anstatt eine Sucht zu beenden, wird das Suchtmittel oder
						die Aktivität gewechselt. Ein klassisches Beispiel ist der Wechsel von
						Alkohol zu Medikamenten oder eine Sport- oder Arbeitssucht als
						Ersatz für eine frühere Abhängigkeit. 
						
						- Psychische und soziale Faktoren:
Sucht kann durch genetische Veranlagung, psychische
						Belastungen, Stress und soziale Einflüsse begünstigt werden. Diese
						Faktoren können auch nach der Überwindung einer ersten Sucht eine Rolle
						spielen. 
						
						Arten von Süchten, die verlagert werden
						können
						
						- Stoffgebundene Süchte: Diese betreffen Substanzen wie Alkohol, Nikotin, Drogen oder Medikamente.
- Stoffungebundene Süchte (Verhaltenssüchte): Hierzu gehören Glücksspielsucht, Online-Sucht, Kaufsucht, Essstörungen oder Sportsucht.
Was man dagegen tun kann
						
						- Professionelle Entwöhnungstherapie:
Nach einer Entgiftung ist eine umfassende Therapie
						notwendig, um die Ursachen der Sucht zu verstehen und gesunde
						Bewältigungsstrategien zu erlernen. 
						
						- Umgang mit Auslösern:
Betroffene müssen lernen, mit Stress und anderen
						psychischen Belastungen umzugehen, um Rückfälle oder eine neue Sucht zu
						vermeiden. 
						
						- Unterstützung durch Angehörige:
Familienmitglieder können eine wichtige Unterstützung
						sein, aber sie können auch selbst Co-Abhängigkeit entwickeln, was ebenfalls
						professionelle Hilfe erfordert. 
						
						Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, von
						einer Sucht betroffen ist, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu
						nehmen. Eine Sucht- und Drogen-Hotline kann erste Anlaufstellen
						bieten. 
						
						Bei einer Sucht kommt es im Gehirn
						zu einer Veränderung des Belohnungssystems, das durch Suchtmittel oder
						bestimmte Verhaltensweisen überaktiviert wird. Das Gehirn lernt die Sucht
						als eine starke Belohnung, die zu einem automatisierten Verlangen und Verhalten
						führt. Dies geschieht durch molekulare und strukturelle Anpassungen der
						Nervenzellen, insbesondere im dopaminergen mesolimbischen System, wodurch
						normale Reize nicht mehr ausreichen, um Glücksgefühle auszulösen. Eine
						Sucht ist eine Krankheit des Gehirns, die nicht auf mangelndem Willen beruht, sondern
						die Fähigkeit zur Selbstkontrolle untergräbt. 
						
						Das Belohnungssystem wird überrannt
						
						- Suchtmittel wie Drogen, aber auch bestimmte Verhaltensweisen wie Glücksspiel, aktivieren das dopaminerge Belohnungssystem im Gehirn übermäßig stark.
- Dabei wird die Freisetzung des Botenstoffs Dopamin, der für das Gefühl von Belohnung und Motivation zuständig ist, drastisch erhöht.
Lernen der Sucht und neuronale
						Veränderungen
						
						- Das Gehirn lernt, dass der Konsum der Substanz oder das Verhalten zu einer starken Belohnung führt.
- Es kommt zu komplexen neuronalen Anpassungsprozessen, die das Gehirn nachhaltig verändern.
- Diese Veränderungen führen zu einem Verlangen, das stärker wird und zu einem automatisierten Handlungsmuster wird, das fast unbewusst abgerufen wird.
Kontrollverlust und Automatisierung 
						
						- Das Suchtverhalten beginnt als bewusste Entscheidung, entwickelt sich aber durch Lernprozesse zu einer Gewohnheit.
- Der präfrontale Cortex, der für die Steuerung und Kontrolle zuständig ist, wird dabei geschwächt, während das Belohnungssystem überhandnimmt.
- Dies führt dazu, dass die Person die Kontrolle über ihr Suchtverhalten verliert.
Entstehung einer Krankheit
						
						- Diese Veränderungen sind nicht nur temporär, sondern können auch nach langer Abstinenz noch wirken, ähnlich einem erlernten Klavierspiel.
- Man spricht bei der Sucht von einer Krankheit des Gehirns, die nicht mit einem Willensmangel verwechselt werden sollte, da die Krankheit die Fähigkeit zur Selbstkontrolle einschränkt.
Es gibt zwei Hauptarten von
						Sucht: die substanzgebundene Abhängigkeit (Abhängigkeit von Drogen,
						Alkohol, Medikamenten oder Nikotin) und die substanzungebundene Abhängigkeit,
						die auch als Verhaltenssucht bezeichnet wird und Beispiele wie
						Glücksspiel-, Medien- oder Kaufsucht umfasst. Beide Formen beeinflussen
						das Belohnungssystem im Gehirn und führen dazu, dass betroffene Personen trotz
						negativer Folgen ihr Verhalten wiederholen. 
						
						1. Substanzgebundene Sucht
						
						Dies ist die Abhängigkeit von einer
						psychoaktiven Substanz, die das zentrale Nervensystem beeinflusst. 
						
						- Beispiele:
Alkohol, Nikotin (Zigaretten, E-Zigaretten), illegale
						Drogen (Cannabis, Kokain), Medikamente (Schmerzmittel,
						Beruhigungsmittel). 
						
						- Merkmale:
Die Substanzen können zu einer körperlichen Abhängigkeit führen,
						bei der der Körper Anpassungen vornimmt und es bei Abstinenz zu
						Entzugserscheinungen kommt. Eine psychische Abhängigkeit, also der
						unwiderstehliche Drang nach der Substanz, ist ebenfalls ein Kernmerkmal. 
						
						2. Substanzungebundene Sucht
						(Verhaltenssucht)
						
						Dabei handelt es sich um eine
						Abhängigkeit von einem bestimmten Verhalten, das mit positiven Gefühlen
						verbunden ist, auch wenn negative Konsequenzen drohen. 
						
						- Beispiele:
Glücksspiel, zwanghaftes Kaufen (Kaufsucht), exzessiver
						Medienkonsum (Internet-, Computerspielsucht), Arbeitssucht oder Sexsucht. 
						
						- Merkmale:
Ähnlich wie bei substanzgebundenen Süchten ist das
						Verlangen (Craving) nach dem Verhalten stark und die Kontrolle darüber
						reduziert. Auch hier können sich ähnliche Prozesse im Gehirn
						abspielen. 
						
						An anfälliger für Sucht ist man durch das
						Zusammenspiel genetischer Veranlagung, psychischer Faktoren (wie Traumata,
						Depressionen oder Angststörungen), sozialer Einflüsse (familiäres Umfeld,
						Gruppenzwang) und persönlicher Merkmale (Impulsivität, hohe Extrovertiertheit,
						fehlende Stressbewältigung). Auch das Alter, insbesondere eine frühe und
						regelmäßige Einnahme von Substanzen, sowie körperliche Erkrankungen mit starken
						Schmerzen erhöhen das Suchtrisiko. 
						
						Genetische und biologische Faktoren 
						
						- Erbliche Veranlagung:
Wer ist anfällig für Sucht
						
						Die Wahrscheinlichkeit, eine Sucht zu entwickeln, ist
						höher, wenn Suchterkrankungen in der Familie vorkommen. Spezielle
						Genvarianten können die Anfälligkeit erhöhen.
						
						- Epigenetische Veränderungen:
Diese können das Ablesen von Genen beeinflussen und werden
						ebenfalls vererbt, wodurch die Belohnungssysteme im Gehirn beeinflusst und die
						Suchtanfälligkeit erhöht wird.
						
						Psychische und persönliche Faktoren
						
						- Psychische Vorerkrankungen:
Depressionen, Angststörungen und andere psychische
						Erkrankungen sind wichtige Risikofaktoren. 
						
						- Persönlichkeitsmerkmale:
Impulsivität, hohe Extrovertiertheit, aber auch mangelnde
						Strategien zur Stressbewältigung erhöhen die Anfälligkeit. 
						
						- Persönlichkeitsstörungen:
Extreme Formen wie die Borderline- oder Antisoziale Persönlichkeitsstörung
						hängen eng mit Suchtverhalten zusammen. 
						
						- Trauma:
Missbrauchs- und Gewalterfahrungen können die Anfälligkeit
						für Sucht erhöhen. 
						
						Soziale Faktoren
						
						- Familiäres Umfeld:
Ein belastetes familiäres Umfeld, in dem Alkohol- oder
						Drogenmissbrauch verbreitet ist, ist ein Risikofaktor. 
						
						- Jugendalter:
Der Konsum von Drogen im Jugendalter erhöht das Risiko, da
						der jugendliche Körper empfindlicher auf Substanzen reagiert. 
						
						- Gruppenzwang:
Besonders bei Jugendlichen kann der Gruppenzwang den
						Einstieg in eine Sucht fördern. 
						
						- Stress und Überforderung:
Probleme in der Schule oder im Elternhaus und das Gefühl
						der Überforderung können eine Flucht in die Sucht begünstigen. 
						
						Sonstige Faktoren 
						
						- Körperliche Schmerzen: Bei nicht adäquater Behandlung von Schmerzen besteht die Gefahr der eigenmächtigen Dosissteigerung und somit einer Suchterkrankung.
Die "4 Phasen der
						Sucht" können entweder den Krankheitsverlauf (nach Jellinek:
						Voralkoholische, Prodromal-, Kritische, Chronische Phase) oder die Phasen einer
						Suchttherapie (Kontakt/Motivation, Entgiftung, Entwöhnung, Nachsorge)
						bezeichnen. Die Jellinek-Phasen beschreiben den schleichenden Prozess der
						Abhängigkeitsentwicklung, während die Therapiephasen die Schritte zur
						Überwindung der Sucht darstellen. 
						
						Phasen der Sucht nach Jellinek
						(Krankheitsverlauf) Dieses Modell beschreibt den Übergang vom risikofreien
						Konsum zur vollständigen Abhängigkeit: 
						
						- 1. Voralkoholische Phase:
Der Konsum ist zunächst gelegentlich, später wird er
						häufiger. 
						
						- 2. Prodromalphase (Anfangsphase):
Der Konsum steigert sich und die Person zeigt erste
						ungewöhnliche Konsummuster, z.B. das Trinken heimlich oder das Trinken von mehr
						als geplant. 
						
						- 3. Kritische Phase:
Der Betroffene verliert die Kontrolle über den Konsum und
						ist nicht mehr in der Lage, den Beginn, die Menge und das Ende des Trinkens zu
						steuern. 
						
						- 4. Chronische Phase:
Der Konsum ist tagesstrukturierend, der Kranke trinkt auch
						morgens, um Entzugserscheinungen zu unterdrücken und einfache Tätigkeiten
						verrichten zu können. 
						
						Phasen der Suchttherapie
						
						Diese Phasen beschreiben die notwendigen
						Schritte, um eine Suchterkrankung zu überwinden: 
						
						- 1. Kontakt- und Motivationsphase:
Die Person entwickelt oder festigt die Motivation zur
						Abstinenz und nimmt Kontakt zu Hilfsangeboten auf. 
						
						- 2. Entgiftungsphase:
Der körperliche Entzug vom Suchtmittel findet statt, oft
						in einer Klinik. 
						
						- 3. Entwöhnungsbehandlung:
Es folgt eine psychische Behandlung, um die Ursachen der
						Sucht anzugehen und langfristig abstinent zu bleiben. 
						
						- 4. Nachsorge- und Rehabilitationsphase:
Die Nachsorge dient der Sicherung des Therapieerfolgs und
						der Integration in den Alltag, oft durch ambulante oder stationäre
						Angebote. 
						
						Kann man das Suchtgedächnis
						löschen ?
						
						Nein, das Suchtgedächtnis lässt sich
						nicht einfach löschen, da es sich um dauerhafte strukturelle Veränderungen im
						Gehirn handelt, die nicht rückgängig gemacht werden können. Stattdessen
						kann das Suchtgedächtnis durch eine langfristige Abstinenz, das Erlernen neuer
						Verhaltensweisen und den Einsatz spezifischer Therapieansätze wie
						Selbsthilfegruppen oder neue medikamentöse Behandlungen wie Ketamin-Infusionen
						überlagert oder umprogrammiert werden. 
						
						Warum das Suchtgedächtnis nicht gelöscht
						werden kann
						
						- Dauerhafte Veränderungen:
Das Suchtgedächtnis entsteht durch dauerhafte
						Verknüpfungen und Veränderungen der Nervenzellen im Gehirn. Diese sind
						nicht reversibel, ähnlich wie das Erlernen des Fahrradfahrens, das man nicht
						vergisst. 
						
						- Chronische Erkrankung:
Suchterkrankungen sind chronische Erkrankungen, die nie
						vollständig geheilt, sondern lebenslang bewältigt werden müssen. 
						
						Wie man das Suchtgedächtnis überwinden
						kann
						
						- Dauerhafte Abstinenz:
Das wichtigste Ziel ist die vollständige und dauerhafte
						Abstinenz vom Suchtmittel, da selbst kleine Mengen eine sofortige Reaktivierung
						des Suchtgedächtnisses auslösen können. 
						
						- Qualifizierte Therapie:
Eine professionelle Therapie kann dabei helfen, die
						psychische Abhängigkeit aufzubrechen und neue Verhaltensmuster zu
						erlernen. 
						
						- Entwicklung neuer Lernverhalten:
Man kann lernen, die Verbindungen im Gehirn durch ein
						neues, positives Lernverhalten zu überlagern und so das Suchtgedächtnis
						umzuprogrammieren. 
						
						- Selbsthilfegruppen:
Regelmäßige Besuche von Selbsthilfegruppen ermöglichen den
						Austausch mit Gleichgesinnten, die Erfahrungen mit der Abstinenz teilen und so
						helfen, die Suchterinnerungen zu entkräften. 
						
						- Medikamentöse Ansätze:
Es gibt Forschungen zu Methoden, wie z. B.
						Ketamininfusionen, die in der Lage sein könnten, das Suchtgedächtnis zu
						"überschreiben" und die Lust auf das Suchtmittel zu verringern. 
						
						- Strategien im Umgang mit Suchtdruck:
Strategien wie das Erstellen eines Notfallplans, das
						Ablenken, das Suchen des Gesprächs mit Vertrauenspersonen und das Einbauen von
						Sport können helfen, den Suchtdruck zu bewältigen
						
						Wie verhalten sich suchtkranke?
						
						Suchtkranke können
						sich durch eine Reihe von Verhaltensweisen äußern,
						darunter Kontrollverlust beim Konsum, Verheimlichung und Lügen, sozialer
						Rückzug, Stimmungsschwankungen und Desinteresse an früheren Hobbys, sowie
						körperliche Anzeichen wie Unruhe. Diese Verhaltensweisen sind oft von
						Schuldgefühlen, Scham und einem tiefen Wunsch nach der Substanz geprägt und
						können zu einer Abwärtsspirale führen, die das gesamte Leben betrifft. 
						
						Veränderungen im
						Verhalten und Denken
						
						- Kontrollverlust:
Die betroffene Person hat
						Schwierigkeiten, die Menge oder Häufigkeit des Konsums zu kontrollieren. 
						
						- Interessenverlust:
Frühere Hobbys, soziale
						Kontakte und der Beruf werden vernachlässigt. 
						
						- Stimmungsschwankungen:
Es können depressive
						Verstimmungen, Reizbarkeit oder Aggressionen auftreten. 
						
						- Abwehr und Verheimlichung:
Lügen, Beschönigen und
						Täuschung sind gängige Abwehrmechanismen, um den Suchtmittelkonsum vor anderen
						zu verbergen. 
						
						- Kognitive Verzerrungen:
Das Suchtverhalten wird
						rationalisiert, und die negativen Konsequenzen werden heruntergespielt. 
						
						- Schuld- und Schamgefühle:
Viele Suchtkranke sind
						sich ihres Verhaltens bewusst und versuchen, es aus Scham und Schuld zu
						verbergen. 
						
						Äußere Anzeichen
						
						- Sozialer Rückzug: Verlust von sozialen Kontakten und Isolation.
- Leistungsschwäche: Unkonzentriertheit und nachlassende Leistungen in Beruf oder Schule.
- Körperliche Symptome: Unruhe, Zittern, Schwitzen oder körperliche Entzugserscheinungen, wenn der Konsum ausbleibt.
- Veränderte Prioritäten: Der Konsum von Suchtmitteln oder die Beschaffung steht an erster Stelle, und andere Verpflichtungen werden unwichtig.
Der Teufelskreis der
						Sucht
						
						Diese Verhaltensweisen
						sind oft Teil eines Teufelskreises: Um die negativen Gefühle und den Stress
						durch die Sucht zu reduzieren, wird die Substanz erneut konsumiert. Das
						führt wiederum zu mehr Problemen und der Notwendigkeit, weitere Lügen und
						Abwehrmechanismen zu nutzen, um die Sucht zu verbergen und die Kontrolle zu behalten. 
						
						Was Angehörige tun
						können
						
						- Verantwortung abgeben:
Angehörige, die versuchen,
						alles zu kontrollieren und aufzuräumen, verstärken die Sucht oft. Das
						führt zu Co-Abhängigkeit. 
						
						- Selbstschutz:
Es ist wichtig, sich
						selbst zu schützen und die eigenen Bedürfnisse nicht vollständig zu
						vernachlässigen. 
						
						- Professionelle Hilfe suchen:
Angehörige sollten sich
						selbst Unterstützung suchen, um mit der Situation umzugehen und nicht selbst in
						die Co-Abhängigkeit zu geraten. 
						
						Normaler Suchtverlauf
						
						Ein typischer Verlauf
						einer Suchterkrankung beginnt mit unregelmäßigem, sozialem Konsum oder
						Experimentieren, der dann zu einem problematischen Konsum mit Kontrollverlust
						und negativen Folgen übergeht. Im Verlauf treten psychische Abhängigkeit,
						ein starker Wunsch nach dem Suchtmittel (Craving), und körperliche Abhängigkeit
						mit Entzugserscheinungen auf. Die Sucht wird zur Priorität, andere
						Interessen werden vernachlässigt, und der Konsum wird trotz schädlicher
						Auswirkungen fortgesetzt, bis hin zum kontrolllosen, süchtigen Konsum, der das
						Leben bestimmt. 
						
						Die Phasen einer
						Suchterkrankung
						
						Der Verlauf ist oft
						schleichend und lässt sich in mehrere Phasen unterteilen: 
						
						- 1. Kennlernen und Experimentieren:
Am Anfang steht der Konsum
						als Mutprobe, aus Neugier oder als Ausflucht. 
						
						- 2. Sozialer Konsum:
Das Suchtmittel wird
						gelegentlich in sozialen Situationen oder zur Entspannung eingesetzt. 
						
						- 3. Problematischer Konsum:
Der Konsum wird häufiger
						und beginnt, negative Auswirkungen auf das Leben zu haben. Kontrollverlust,
						Vernachlässigung von Interessen und Gedächtnislücken treten auf. 
						
						- 4. Abhängigkeit und Sucht:
- Psychische Abhängigkeit: Es entwickelt sich ein starker Wunsch oder Zwang zum Konsum (Craving).
- Toleranzbildung: Es werden immer größere Mengen benötigt, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
- Körperliche Abhängigkeit: Körperliche Entzugserscheinungen treten auf, wenn das Suchtmittel fehlt.
- Kontrollverlust: Der Betroffene kann den Konsum nicht mehr kontrollieren oder beenden.
- Fortsetzung trotz Wissen: Trotz der negativen Folgen wird der Konsum fortgesetzt.
- Vernachlässigung: Soziale Kontakte und Interessen werden zugunsten des Konsums vernachlässigt.
Symptome und
						Kennzeichen 
						
						- Starkes Verlangen (Craving): Ein unbezwingbarer Wunsch nach dem Suchtmittel oder der Verhaltensweise.
- Kontrollverlust: Schwierigkeiten, das Konsumverhalten zu unterbrechen oder zu beenden.
- Toleranzentwicklung: Die benötigte Dosis steigert sich.
- Entzugserscheinungen: Psychische oder körperliche Symptome bei Nichtverfügbarkeit des Suchtmittels.
- Vernachlässigung von Interessen: Andere Aktivitäten werden zugunsten des Konsums aufgegeben.
- Fortgesetzter Konsum trotz Schäden: Weiterer Konsum, obwohl die negativen Folgen bekannt sind.
Suchtverlagerung
						
						Eine Suchtverlagerung
						ist der Ersatz einer bestehenden Sucht durch eine andere, oft als
						"Umsteigeeffekt" bezeichnet. Dies kann sowohl bei
						stoffgebundenen Abhängigkeiten (z.B. von Alkohol zu Cannabis) als auch bei
						nicht stoffgebundenen Verhaltenssüchten (z.B. Glücksspiel) auftreten. Eine
						Suchtverlagerung ist kein echtes Ende der Sucht, sondern nur der Austausch
						einer Abhängigkeit, da die zugrundeliegenden Ursachen wie Stress oder
						emotionale Probleme nicht gelöst wurden. Um eine Suchtverlagerung zu vermeiden,
						ist es wichtig, die Ursachen der Sucht in einer Therapie zu bearbeiten und
						gesunde Alternativen für den Genuss und Stressbewältigung zu finden. 
						
						Wie eine
						Suchtverlagerung funktioniert
						
						- Austausch:
Eine Sucht wird durch eine
						neue Sucht ersetzt, sei es eine andere Substanz oder ein anderes
						Verhalten. 
						
						- Ursachen bleiben bestehen:
Die psychischen und
						emotionalen Gründe für die Sucht, wie der Umgang mit Stress oder traumatischen
						Erlebnissen, bleiben ungelöst, was zu einer neuen Abhängigkeit führen
						kann. 
						
						- Schleichender Prozess:
Eine Suchtverlagerung
						geschieht oft unbemerkt, manchmal erst nach langer Zeit. 
						
						Beispiele für
						Suchtverlagerungen
						
						- Ein Alkoholkranker hört auf zu trinken, beginnt aber stattdessen, Medikamente zu missbrauchen oder wird spielsüchtig.
- Ein früherer Raucher kann nach einer erfolgreichen Therapie wieder zum Nikotinkonsum zurückkehren.
- Nach einer bariatrischen Operation, bei der eine andere Sucht unterdrückt wird, kann sich eine neue Sucht entwickeln.
Wie man eine
						Suchtverlagerung vermeidet
						
						- Ursachen angehen:
Eine fundierte Therapie
						ist notwendig, um die tieferliegenden Ursachen der Sucht zu bearbeiten. 
						
						- Gesunde Alternativen finden:
Es ist wichtig, neue,
						gesunde Gewohnheiten, Hobbys und Wege zur Stressbewältigung zu entwickeln, die
						individuell befriedigend sind. 
						
						- Selbstbeobachtung:
Eine ehrliche
						Selbstwahrnehmung ist entscheidend, um eine aufkommende neue Sucht frühzeitig
						zu erkennen. 
						
						Wege aus der Sucht
						
						Um eine Sucht zu
						bekämpfen, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen,
						etwa durch Suchtberatungsstellen oder Ärzte. Strategien zur Bewältigung
						umfassen die Veränderung des Umfelds, das Entwickeln neuer Hobbys, Sport,
						Stressreduktion und das Erlernen des Umgangs mit Emotionen. Wichtig ist
						auch der Aufbau eines Notfallplans für akute Verlangen, das Meiden von
						Risikosituationen und die Entwicklung alternativer Aktivitäten, die den Alltag
						strukturieren und das Wohlbefinden fördern. 
						
						Professionelle Hilfe
						suchen
						
						- Beratungsstellen:
Suchen Sie eine
						Suchtberatungsstelle auf, die erste Unterstützung und Beratung bietet und
						hilft, geeignete Therapieangebote zu finden. 
						
						- Ärzte:
Sprechen Sie mit Ihrem
						Hausarzt über Ihre Bedenken. Ärzte können Sie beraten und eventuell eine
						ärztliche Behandlung für einen Entzug einleiten. 
						
						- Sorgentelefone:
Es gibt telefonische
						Beratungsangebote für Menschen mit Suchtproblemen, die eine schnelle
						Unterstützung bieten können, so das DRK. 
						
						Alltagsstrategien entwickeln
						
						- Neue Gewohnheiten und Hobbys:
Gestalten Sie Ihren Alltag
						neu, indem Sie Interessen und Hobbys verfolgen und Freundschaften pflegen, die
						Ihnen guttun. 
						
						- Stress reduzieren:
Bauen Sie Stressquellen
						ab, die das Rückfallrisiko erhöhen, indem Sie Unterstützung von Fach- und
						Vertrauenspersonen suchen. 
						
						- Umgang mit Emotionen lernen:
Lernen Sie, mit
						unangenehmen Gefühlen wie Angst, Wut oder Traurigkeit umzugehen, um Rückfälle
						zu vermeiden. 
						
						- Umgebung gestalten:
Verändern Sie Ihre
						Umgebung, um den Zugang zum Suchtmittel zu erschweren. Wenn Sie weniger
						Alkohol trinken möchten, meiden Sie beispielsweise eine Weinstube. 
						
						- Notfallplan erstellen:
Entwickeln Sie einen Plan,
						was Sie bei starkem Verlangen tun können, und erinnern Sie sich an die Gründe,
						warum Sie aufhören möchten. 
						
						Bewegung und Ablenkung
						
						- Sport:
Bewegung und Sport sind
						gut geeignet, um Stress abzubauen und eine Alternative zur bisherigen
						Freizeitgestaltung zu schaffen. 
						
						- Ablenkung:
Bei akutem Suchtdruck
						können auch kurzfristige Ablenkungen wie eine kalte Dusche, scharfes Essen oder
						das Ausüben von kreativen Hobbys helfen, das Verlangen zu überwinden. 
						
						Langfristige
						Perspektive
						
						- Risikosituationen meiden:
Entwickeln Sie Strategien
						für den Umgang mit Situationen, die in der Vergangenheit mit dem Suchtmittel
						verbunden waren, und vermeiden Sie diese aktiv. 
						
						- Gedanken lenken:
Verinnerlichen Sie, dass
						das Verlangen vorübergeht, und lenken Sie Ihre Gedanken auf positive Aspekte
						und die Gründe für die Abstinenz. 
						
						Wie kann man Süchtigen helfen
						
						Suchen Sie professionelle
						Hilfe in einer Suchtberatungsstelle, die kostenlos und anonym beraten
						kann. Bieten Sie Unterstützung an, aber setzen Sie klare Grenzen, um sich
						selbst zu schützen und Co-Abhängigkeit zu vermeiden. Nehmen Sie an Selbsthilfegruppen teil und erkundigen Sie sich nach
						Therapien wie Verhaltenstherapie, um den Betroffenen auf dem Weg zur Abstinenz
						zu begleiten. 
						
						Für Betroffene:
						
						- Professionelle Hilfe suchen:
Wenden Sie sich an eine
						Suchtberatungsstelle, um psychosoziale Beratung und Unterstützung bei der Suche
						nach einem geeigneten Hilfeangebot zu erhalten. 
						
						- Suchtmittel absetzen:
Wenn Sie sich zur Aufnahme
						einer Behandlung entschließen, ist das Absetzen des Suchtmittels ein wichtiger
						Schritt. 
						
						- Therapie in Anspruch nehmen:
Psychotherapeutische
						Ansätze wie Verhaltenstherapie oder systemische Therapie sind
						wirksam. Auch Ergotherapie, Kunst- und Musiktherapie können hilfreich
						sein. 
						
						- Selbsthilfegruppen besuchen:
Treten Sie
						Selbsthilfegruppen bei, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und
						festzustellen, dass Sie nicht allein sind. 
						
						Für Angehörige und
						Freunde:
						
						- Informieren Sie sich:
Informieren Sie sich über
						Sucht und wie Sie Ihre Angehörigen unterstützen können. 
						
						- Suchen Sie professionelle Hilfe:
Auch Angehörige finden
						Unterstützung in Suchtberatungsstellen, die kostenlose und anonyme Beratung
						bieten. 
						
						- Setzen Sie Grenzen:
Lernen Sie, klare Grenzen
						zu setzen und sich selbst zu schützen, um eine Co-Abhängigkeit zu
						vermeiden. Unterstützen Sie die Person, aber übernehmen Sie keine Aufgaben
						mehr, die die Sucht erleichtern. 
						
						- Erstellen Sie einen Notfallplan:
Erarbeiten Sie gemeinsam
						mit dem Betroffenen einen Notfallplan für Rückfälle, um die Trinkphase rasch zu
						unterbrechen. 
						
						- Nehmen Sie an Selbsthilfegruppen teil:
Tauschen Sie sich in
						Selbsthilfegruppen für Angehörige aus und erhalten Sie emotionalen
						Beistand. 
						
						Tipps für Angehörige Alkoholkranker
Wenn jemand dem Alkohol verfällt, hat das oft
						auch Folgen für seine Familie. Gleichzeitig ist sie die beste Chance für den
						Suchtkranken.  
						
						Leere
						Versprechungen, unerfüllte Erwartungen, viele Lügen und im schlimmsten Fall
						sogar Gewalt – für Angehörige von Alkoholikern ist der Alltag voll von
						Enttäuschungen und Angst. Sie leiden unter der Sucht teilweise stärker als der eigentlich
						Betroffene. Aber die Situation ist nicht aussichtslos.
						
						Woran erkennen Angehörige eine Alkoholabhängigkeit?
Ich glaube, dass die Frage, ob
						jemand alkoholabhängig ist oder nicht, gar nicht die
						entscheidende ist. Sondern ob der Alkohol gesundheitlich
						oder im psychosozialen Bereich familiäre Probleme macht oder
						nicht. Das sind teilweise auch Kriterien, die für die Ärzte bedeutsam sind, um
						eine Abhängigkeit zu definieren, wie etwa:
- wenn die Alkoholtoleranz steigt, also derjenige immer mehr Alkohol trinkt, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen.
- wenn jemand richtige Entzugszeichen bekommt, derjenige beispielsweise morgens wach wird, zittert und was trinken muss, damit er zur Ruhe kommt oder überhaupt arbeitsfähig wird.
- wenn jemand keine richtige Kontrolle hat und sagt, dass er oder sie heute nur zwei Bier oder drei Gläser Wein trinken will. Aber es jedes Mal oder in unregelmäßigen Abständen in Alkoholexzessen endet.
Aber ganz entscheidend sind eben auch soziale
						Probleme, die auch ohne eine Abhängigkeit auftreten.
Es können auch Kinder in so eine Situation involviert sein, wie
						geht man damit um?
Von den meisten Suchtkranken,
						aber auch von ihren Angehörigen wird oft unterschätzt, was Kinder mitkriegen.
						Weil die Leute erst nach Feierabend trinken oder weil die Diskussionen erst
						nach Feierabend losgehen, wenn die Kinder schon schlafen, glauben sie, dass die
						Kinder nichts von der Situation wissen. Das ist aber in der Regel falsch. Kinder sind hochsensibel und wissen
						meistens viel mehr, als die Betroffenen denken.
Insofern ist es aus meiner Sicht sinnvoll,
						Kinder früh anzusprechen, selbst wenn sie noch vergleichsweise klein sind. Was
						man nur bedenken muss, ist eine Gefahr, die darin schon ein bisschen angelegt
						ist: dass man die Kinder wie Erwachsene behandelt.
Was ist daran so gefährlich, Kinder „wie Erwachsene zu
						behandeln“?
Wir Therapeuten sprechen in so
						einem Fall von Parentifizierung. Die sozialen Rollen zwischen Elternteilen und
						ihrem Kind werden demnach vertauscht. Dem Kind wird eine Aufpasserrolle
						zugemutet, im Extremfall so was wie: „Wenn du dich jetzt brav verhältst und in
						der Schule lernst, dann muss der Papa auch nicht mehr trinken.“
Das kommt häufiger vor, dass es solche
						Schuldzuweisungen an Dritte und eben auch an Kinder gibt. Das ist eine der schädlichsten Folgen von
						Alkoholkonsum, dass Kinder sich schuldig und verantwortlich für die aktuelle
						Situation fühlen.
Was ist der richtige Weg, um mit Kindern zu reden?
Kinder sollten auf jeden Fall
						extrem entlastet werden. Elternteile sollten ihnen zu verstehen geben, dass sie
						nichts dafürkönnen und dass sie als Eltern alles dafür tun, um die Situation zu
						verändern. Im Zweifel können die Eltern auch versuchen, aus dem außerfamiliären
						Umfeld Unterstützung zu bekommen. Damit den Kindern vermittelt wird, die
						Situation ist in guten Händen. Kinder brauchen ein Gefühl von Sicherheit und die Hoffnung, dass die
						Situation wieder besser wird.
Grenzen setzen und sich als Angehöriger selbst schützen
Es gibt in Deutschland seit
						Jahrzehnten eine Tradition, diese Situation unter dem Gedanken der
						Co-Abhängigkeit zu sehen. Der beinhaltet, dass der gesunde Partner durch seine unterstützende
						Haltung letztendlich dafür sorgt, dass der Trinker oder die Trinkerin ihr
						Verhalten immer weiter fortsetzen kann. Insofern komme es
						für den Angehörigen darauf an, sich selbst zurückzunehmen und dafür zu sorgen,
						dass der oder die Suchtkranke für das eigene Verhalten haften und die negativen
						Folgen selbst tragen muss.
Man darf nicht vergessen, dass die negativen Folgen, die der Suchtkranke zu
						tragen hat, auch auf die ganze Familie zurückfallen.
Um ein klassisches Beispiel zu nehmen: Eine
						Frau ruft immer beim Arbeitgeber ihres Ehepartners an und sagt: „Mein Mann ist
						krank“, stattdessen liegt der aber betrunken im Bett. Theoretisch wäre es
						besser, wenn sie gar nicht anruft und der Chef irgendwann ihren Mann
						rausschmeißt. Nur so merkt er, dass seine Verhalten Konsequenzen hat. Dazu
						gehört aber auch, dass dann die ganze Familie keinen Unterhalt mehr hat. Und
						das betrifft viele andere Situationen auch.
Insofern kann ich auch verstehen, dass viele
						Angehörige sagen, dass sie ihrem Partner beistehen, damit so was nicht
						passiert. Trotzdem müssen sie eine klare Linie fahren, damit der oder die
						Suchtkranke stärker für sein oder ihr eigenes Verhalten haftet. Das bleibt
						immer richtig, auch wenn es nicht an allen Stellen so ultimativ sein darf. Aber
						noch wichtiger ist, dass man auf Situationen achtet, in denen Suchtkranke
						tatsächlich mal abstinent sind oder etwas anderes machen wollen, und diese dann
						besonders fördert und stützt.
Ich glaube, für viele ist es gut, in so einer
						Situation ein gewisses Coaching oder professionelle Unterstützung zu
						haben, zum Beispiel im Rahmen von Paar- oder auch Einzelgesprächen.
